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Delegiertenversammlung Berner KMU

Delegiertenversammlung Berner KMU

Delegiertenversammlung vom 26. Oktober 2005 in Reichenbach

Der Rücktritt von vier Mitgliedern biete die Chance, den Regierungsrat als Kollektiv zu stärken. Dies allerdings nur, wenn nicht länger vorab über Ansprüche von Parteien und Chancen von Personen diskutiert werde, sondern auch darüber, was künftige Regierungsleute mitbringen müssten, um mehr als bloss Lautsprecherin oder Lautsprecher einer Verwaltungsdirektion zu sein, hielt Präsidentin Kathrin Anderegg an der Delegier-tenversammlung von Berner KMU in Reichenbach im Kandertal unter anderem fest.

Der Rücktritt von nicht weniger als vier Mitgliedern biete die Möglichkeit, den Regierungsrat als Kollektiv zu stärken. Leider sei davon in Parteien und Öffentlichkeit kaum die Rede. Diskutiert werde über Ansprüche von Parteien und Chancen von Personen, aber kaum je darüber, was eine Person mitbringen müsse, um als künftige Regierungsrätin oder künftiger Regierungsrat mehr als nur Lautsprecherin oder Lautsprecher einer Verwaltungsdirektion zu sein, kritisierte Präsidentin Kathrin Anderegg an der Delegiertenversammlung von Berner KMU, bevor sie darlegte, was ihr Verband von Kandidatinnen und Kandidaten für die Kantonsregierung erwartet: «Für den Regierungsrat braucht es Führungspersönlichkeiten mit einem mehr als bloss durchschnittlichen Leistungsausweis. Wir brauchen Leute, die entschlossen sind, den Kanton vorwärts zu bringen und das auch können. Allein das zählt. Darauf muss sich Berner KMU bei der Beschlussfassung über allfällige Wahlempfehlungen stützen.»

Senkung der Steuerbelastung bleibt prioritäres Ziel

Zurzeit, so fuhr Anderegg fort, feierten Mitglieder des Regierungsrats den Aufstieg von Bern von den finanzschwachen zu den mittelstarken Kantonen als grossen Erfolg. Die Verbesserung verdiene durchaus Anerkennung, räumte die KMU-Präsidentin ein. Gleichzeitig sei jedoch darauf hinzuweisen, dass sie mit einer Steuerbelastung erzielt worden sei, die weiterhin um mehr als zehn Prozent über dem schweizerischen Mittel liege. So lange das so sei, bestehe weder Grund zum Feiern noch Grund zum Ausruhen. «Dranbleiben», müsse die Devise lauten. Die Reduktion der Steuerbelastung habe ein prioritäres Ziel zu bleiben - nach der bedeutenden Senkung der Schulden dank dem Goldgeschenk der Nationalbank erst recht.

Auch der ländliche Raum braucht Zukunftschancen

Als positiv wertet Anderegg die Entwicklung einer Wachstumsstrategie sowie von Strategien für Agglomerationen und die regionale Zusammenarbeit beziehungsweise die differenzierte Stärkung des ländlichen Raums. Letzterer misst die KMU-Präsidentin besondere Bedeutung bei. Zwar verfügten, so erklärte sie, die Agglomerationen über das grösste Entwicklungspotenzial. Die Schaffung guter Voraussetzungen für seine optimale Nutzung sei im Interesse aller Bewohnerinnen und Bewohner des Kantons. Das müsse jedoch ohne die völlige Vernachlässigung des ländlichen Raums gelingen. Zurzeit fürchteten die Bewohnerinnen und Bewohner dieser Gebiete um den Fortbestand der für ihr wirtschaftliches Überleben erforderlichen Infrastruktur. Diese Ängste seien ernst zu nehmen und auch dem ländlichen Raum Zukunftschancen zuzugestehen. Wer sie verweigere, schüre Zwietracht und damit die Entstehung eines politischen Klimas, in dem alles zu scheitern drohe, was der Kanton für eine gesunde Entwicklung brauche.

Selbst beste Strategien, so ergänzte Anderegg, entfalteten ihre Wirkung erst mit der Umsetzung. Am meisten Wirkung erzielten sie in einem entwicklungsfreundlichen Umfeld. Zu einem solchen werde der Kanton nie, wenn Regierung und Parlament nicht damit aufhörten, fortwährend neue bürokratische Hindernisse aufzubauen. Als Beispiel nannte die KMU-Präsidentin vom Grossen Rat in Auftrag gegebene Werbeverbote. Die Regierung will sie nicht nur im Schnellzugstempo umsetzen, sondern dabei auch noch weiter gehen als die wenigen Kantone, die solche Verbote bereits kennen.

Beitritt der Ärzte als Herausforderung und Chance

Besonders herzlich willkommen hiess Kathrin Anderegg die Delegierten der vor kurzem in den Verband aufgenommenen Ärztegesellschaft des Kantons Bern. Mit diesem Beitritt stiegen die Erwartungen an den grössten Wirtschaftsverband im Kanton, betonte die Präsidentin. Andererseits aber steigere die Zugehörigkeit der Ärzte die Legitimation von Berner KMU zur Vertretung der Interessen aller kleinen und mittleren Unternehmungen. Anderegg verschwieg nicht, dass die Interessen der Ärzte nicht immer und in jedem Fall auch die Interessen der Apotheker und Drogisten sein dürften. Die Verbandsleitung, so vermerkte die Präsidentin, sei jedoch überzeugt, dass auch zwischen diesen drei Berufsgruppen das Gemeinsame überwiege. Mit dem Ärztlichen Bezirksverein Oberaargau arbeite Berner KMU im Übrigen bereits seit 2003 zusammen. Diese Zusammenarbeit habe zu Verbesserungen des neuen Spitalversorgungsgesetzes geführt, welche den gewerkschaftlichen Volksvorschlag zu dieser Vorlage unbeschadet überlebt hätten.

Dr. Jürg Schlup, der Präsident der Ärztegesellschaft des Kantons Bern, führte vor der Versammlung aus, die wirtschaftliche Struktur von Arztpraxen entspreche immer mehr jenen von Kleinunternehmen. Das unternehmerische Risiko steige auch für die Ärztinnen und Ärzte. Allein in den vergangenen 15 Jahren sei der Praxisaufwand von 60 auf 75 Prozent gestiegen. Diese Entwicklung habe innerhalb des Berufsstands einerseits Verunsicherung ausgelöst, andererseits aber auch die Bereitschaft zur aktiven Beteiligung an der Meinungsbildung wachsen lassen. Die Ärztinnen und Ärzte wollten für ihre Anliegen Verbündete und Mehrheiten finden. Berner KMU sei dafür ein starker Partner. Von ihm verspreche sich die Ärzteschaft - zusätzlich zur Verbesserung der Referendumsfähigkeit - auch neue politische Foren für die Präsentation der eigenen Anliegen in der Öffentlichkeit.

Bedingungsloser Einsatz für Kandidierende der KMU zwingend

Weil zurzeit noch nahezu keine Kandidatinnen und Kandidaten nominiert sind, delegierte die Versammlung das ihr gemäss Statuten zustehende Recht auf Ausgabe einer Wahlempfehlung für den Regierungsrat an die Gewerbekammer. Sie entscheidet am 11. Januar 2006.

Zur Neubestellung des Parlaments meinte Kathrin Anderegg, die Verkleinerung um 40 Mitglieder und die Vergrösserung der Wahlkreise würden nicht ohne Auswirkungen auf die Zusammensetzung des neuen Grossen Rats bleiben. SVP und FDP, die bedeutendsten Partner der Wirtschaft, drohten die absolute Mehrheit zu verlieren. Berner KMU sei mit der Arbeit des kantonalen Parlaments und insbesondere der grossen bürgerlichen Parteien zwar bei weitem nicht immer zufrieden. Ohne Mehrheit von SVP und FDP drohten jedoch noch weit mehr Anliegen der Selbstständigerwerbenden unerfüllt zu bleiben. Vermeiden oder zumindest mindern lasse sich dieses Risiko allein mit einem bedingungslosen Einsatz zu Gunsten der Kandidatinnen und Kandidaten der KMU für den Grossen Rat.

Mit Opfern der Unwetterkatastrophe solidarisch

Zu Beginn der Versammlung hatte Kathrin Anderegg die Delegierten dazu aufgerufen, der Bevölkerung der von der Unwetterkatastrophe von Ende August besonders schwer betroffenen Gemeinde Reichenbach nicht nur mit ihrer Präsenz, sondern auch mit einer Geldspende Solidarität zu bekunden. Berner KMU fehlten die Mittel, um den Opfern der Sintflut in weiten Teilen des Kantons finanziell zu helfen, bedauerte Anderegg. Der Verband habe jedoch unmittelbar nach der Katastrophe seine Bereitschaft bekundet, in Verhandlungen mit Behörden usw. als Türöffner und Mittler zu wirken. Dieses Angebot bestehe weiterhin und zwar für alle von der Unwetterkatastrophe von Ende August betroffenen Mitglieder.

Einblick in die schwierige Situation, in der sich Reichenbach und Teile seiner KMU zurzeit befinden, boten die Grussbotschaften von Gemeindepräsident Gottfried Bühler und Gewerbevereinspräsident Daniel Lauener.

Mit nahezu ausgeglichenem Budget ins Jahr 2006

Das von Finanzchef Stephan Frieden erläuterte, von der Versammlung genehmigte Budget des Verbands für das kommende Jahr rechnet bei gleich bleibenden Mitgliederbeiträgen mit einem Ertrag von 1,499 und einem Aufwand von 1,535 Millionen Franken.

Die Delegiertenversammlungen im Jahr 2006 wurden in die Region Oberland-Ost (Frühjahr) und ins Emmental (Herbst) vergeben.

«Flexibilität am Boden und in der Luft» lautete der Titel des Gastreferats von Heiliswiss-Geschäftsführer Alex Bächlin, mit dem die Versammlung abgeschlossen wurde.

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Ärztegesellschaft ist Mitglied von Berner KMU

Berner KMU, Dachverband kleiner und mittlerer Unternehmen, und die Ärztegesellschaft des Kantons Bern arbeiten ab sofort eng zusammen. Der Grundstein für die Zusammenarbeit ist gelegt. Die Ärztegesellschaft ist Berner KMU beigetreten. Die Gründe des Zusammengehens und die mit ihm verbundenen Erwartungen erläuterten Exponenten der beiden Organisationen am Donnerstag, 13. Oktober 2005, in Bern den Medien.

«In Zeiten sich beschleunigenden Umbruchs sind Partnerschaften besonders wichtig. Wir Ärztinnen und Ärzte sind Kleinunternehmer. Für uns ist Berner KMU ein starker Partner», führte der Präsident der Ärztegesellschaft, Dr. Jürg Schlup, vor den Medien aus. Schlup hob hervor, die Ärztinnen und Ärzte wollten sich auch in Zukunft so weit wie möglich auf die Betreuung ihrer Patientinnen und Patienten konzentrieren. Wertschätzung und gegenseitiges Vertrauen sollten Eckwerte der Beziehungen zwischen Ärzten und Patienten bleiben.

In einer Zeit, in der das Gesundheitswesen immer mehr zur Baustelle und die Medizin fortwährend kommerzieller werde, müsse sich die Ärzteschaft jedoch vermehrt auch um eigene Anliegen kümmern, fuhr Schlup fort. Das setze Partnerschaften voraus, denn selbst die Gesamtheit der Selbständigerwerbenden bilde in unserer Gesellschaft bloss eine Minderheit. Mit dem Beitritt zu Berner KMU gewinne die Ärztegesellschaft einen starken Partner. Das bewirke unter anderem eine Verbesserung der Referendumsfähigkeit. Ausserdem erhofften sich die Ärztinnen und Ärzte neue, zusätzliche Foren für die Präsentation ihrer Anliegen gegenüber der Öffentlichkeit.

Eine Arztpraxis ist auch eine KMU

Dr. Michel Marchev, Allgemeinpraktiker in Safnern, bekannte, er habe den Beitritt der Ärztege-sellschaft zu Berner KMU noch vor zehn Jahren «fast entrüstet» abgelehnt. Der Begriff «Be-triebswirtschaft» sei damals den meisten Ärzten weitgehend fremd gewesen. Die Mediziner hätten nach dem Grundsatz «Ethik kommt vor Monetik» gelebt. Dass mit der Arbeit Geld ver-dient wurde, sei als selbstverständlich angesehen worden. Und Bankkredite für Investitionen seien problemlos sowie in grosszügig bemessener Höhe erhältlich gewesen.

Inzwischen arbeiteten die Ärzte in einem grundlegend veränderten Umfeld. Steigenden Unkosten, unter anderem für die Erfüllung von fortwährend mehr administrativen Auflagen, sowie steigenden Ansprüchen der Patientinnen und Patienten stünden seit Jahren sinkende Einkommen der Ärztinnen und Ärzte gegenüber. Alles in allem entspreche die wirtschaftliche Struktur einer Arztpraxis immer mehr jener eines Kleinunternehmens. Als Beispiele gemeinsamer Probleme aller KMU erwähnte Marchev arbeitsrechtliche Fragen, die Steuerbelastung, andere Abgaben, Fragen der Aus-, Weiter- und Fortbildung sowie die zunehmenden administrativen Belastungen. Darum, so vermerkte Marchev, sehe er heute den Beitritt der Ärztegesellschaft zu Berner KMU als politisch nötigen Schritt, von dem er sich Unterstützung bei der Verteidigung und Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen sowie mehr Gehör für ärztliche Anliegen zu Gunsten der Patienten und der Optimierung des Gesundheitswesens erhoffe.

Mit Apothekern und Drogisten im selben Verband

Dr. Christian Gubler, Vizepräsident der Ärztegesellschaft, doppelte aus der Sicht der frei erwerbenden Spitalärzte (Belegärzte) nach, die Herausforderungen, mit denen sich Kleinbetriebe konfrontiert sähen, unterschieden sich wohl in Details, seien aber im Grossen und Ganzen dieselben. Darum erscheine ihm die Mitgliedschaft der Ärzte bei Berner KMU als sinnvoll. Zusätzlich eröffne diese Mitgliedschaft die Möglichkeit, Differenzen mit den Berner KMU ebenfalls angehörenden Apothekern auszuräumen, bevor staatliche Stellen regulativ eingreifen müssten.

Das Verhältnis zwischen Ärzten, Apothekern und Drogisten hatte zuvor auch Dr. Jürg Schlup angesprochen und dabei erklärt, er sehe es als Bereicherung, die Anliegen der Ärzte innerhalb von Berner KMU mit den Apothekern und Drogisten diskutieren zu können. Ohne Zweifel gingen die Interessen dabei bisweilen auseinander. Alles in allem dürften jedoch die Gemeinsamkeiten überwiegen. KMU-Direktor Christoph Erb meinte zu diesem Thema, Berner KMU verfüge über reiche Erfahrungen im Umgang mit zum Teil unterschiedlichen Interessen verschiedener Berufsgruppen. In Zukunft werde es ohne Zweifel mehr solche Situationen geben. Sowohl die Ärzte als auch die Apotheker und Drogisten seien jedoch der Meinung, das Verbindende stehe klar vor dem Trennenden.

Herausforderung und Chance für Berner KMU

Den Beitritt der Ärztegesellschaft bezeichnete Erb als Bereicherung für den grössten Wirtschaftsverband im Kanton. Die steigenden Erwartungen sehe Berner KMU als Herausforderung, die zusätzlichen Einflussmöglichkeiten als Chance. Während langer Zeit, so ergänzte Erb, sei das Verhältnis zwischen Angehörigen des Ärztestands und «normalen» Gewerbetreibenden zwar durch gegenseitigen Respekt, aber auch durch kühle Distanz geprägt gewesen. Die Mehrheit der kleinen und mittleren Unternehmerinnen und Unternehmer, welche «Studierten» ohnehin mit einer Mischung aus Hochachtung und Skepsis begegne, habe Ärztinnen und Ärzte einer anderen, höher einzustufenden Schicht zugerechnet. Andererseits sei es auch heute noch nicht selbstverständlich, dass praktizierende Ärzte einem Gewerbeverein angehörten oder diesen sogar präsidierten. Mit dem Beitritt der Ärztegesellschaft werde nach beiden Seiten ein deutliches Zeichen gesetzt, solche Gräben, so weit sie tatsächlich bestünden, zu überwinden und die Gemeinsamkeiten zum Vorteil aller KMU in den Vordergrund zu rücken.

KMU-Präsidentin freut sich auf spannende Zusammenarbeit

KMU-Präsidentin Kathrin Anderegg fuhr fort, der Beitritt der Ärztegesellschaft steigere die Legitimation des Verbands zur Vertretung der Interessen aller KMU: Berner KMU bemühe sich seit jeher, seinen Mitgliedern ein fachlich versierter Ansprechpartner in wirtschaftlichen und politischen Fragen zu sein. Der Verband wolle die Mitglieder mit hoher Sachkenntnis beraten und ihnen weiterführende Kontakte zu Institutionen und Behörden vermitteln. Die Professionalität, mit der die Ärztegesellschaft des Kantons Bern arbeite und das hohe Wissen ihrer Mitglieder werde die Kompetenz von Berner KMU nicht nur in Gesundheitsfragen, sondern auch in anderen Bereichen erhöhen.

Völlig neu, so schloss Anderegg, sei die Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft für Berner KMU im Übrigen nicht. Auf den 1. Januar 2003 sei dem Verband bereits der Ärztliche Bezirksverein Oberaargau beigetreten. Nun freue sich Berner KMU auf eine spannende Zusammenarbeit mit allen Ärztinnen und Ärzten im Kanton.

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BKW vom Verwaltungsrat in die Isolation getrieben?

Der Grosse Rat hat in der Septembersession die Diskussion über die Frage verweigert, ob der Verwaltungsrat der BKW FMB Energie AG unter der Führung der in ihm sitzenden Mitglieder des Kantons einen Entscheid traf, der die strategische Position der Gesellschaft im Markt verschlechtert und sich mittelfristig auch (negativ) auf den Wert der vom Kanton gehaltenen Beteiligung auswirken wird.

Auf der Traktandenliste des Grossen Rats stand eine Interpellation von SP-Fraktionschef Andreas Rickenbacher mit Fragen, die an den unlängst publik gewordenen strategischen Problemen des Berner Stromkonzerns vorbeizielten. KMU-Direktor Christoph Erb wollte das von Rickenbacher Versäumte nachholen und für die Zukunft der Gesellschaft entscheidende Fragen stellen. Indes, der Grosse Rat verweigerte die Diskussion...

Am Wochenende vom 20./21. August hatte die «Neue Zürcher Zeitung» (bis heute unwidersprochen) berichtet, vor etwas mehr als einem Jahr sei ein erster Versuch des BKW-Managements am Veto des Verwaltungsrats nach weit fortgeschrittenen Verhandlungen gescheitert, über den Erwerb von Motor Columbus (MC)-Minderheitsbeteiligungen der deutschen RWE und der UBS AG die Kontrolle über die Atel zu erlangen. Auf den Punkt gebracht muss dieser Information entnommen werden, der Verwaltungsrat der BKW FMB Energie AG habe die einmalige Chance verpasst, zusammen mit der Atel in Olten sowie der EOS in Lausanne eine starke «Gruppe West» zu bilden und damit ein unternehmerisches Gegengewicht zu der in der Ost- und Zentralschweiz dominanten Atel-Gruppe aufzubauen.

Inzwischen steht fest, dass die UBS, falls nicht noch ein Wunder geschieht, ihre Beteiligung an der MC voll und ganz an ein Konsortium ohne BKW abtreten wird. Das Vorhaben wird zwar als Schweizer Lösung propagiert, scheint aber vor allem die Position der Electricité de France (EdF) zu verbessern. Der BKW FMB Energie AG hingegen, droht die Isolation. Zumindest präsentiert sich ihre strategische Position als schlechter, was sich mittelfristig auch (negativ) auf den Wert der vom Kanton gehaltenen Beteiligung auswirken dürfte.

Wer ist für den Entscheid des BKW-Verwaltungsrats verantwortlich, der als schwerer strategischer Fehler in die Geschichte der Gesellschaft einzugehen droht. Vieles deutet darauf hin, als hätten die Vertreter des Kantons den Abbruch der Kaufverhandlungen erzwungen. Für Christoph Erb und den Verband Berner KMU, dessen Direktor er ist, ergeben sich daraus die folgenden Fragen:

?    War es der Regierungsrat, der anfangs 2004 die Verhandlungen zur Übernahme der MC blockiert hat und damit der BKW die Chance genommen hat, unter ihrer Führung eine starke Westgruppe aufzubauen?
?    Welches waren die Motive, die zu diesem Entscheid geführt haben?
?    Ist sich der Regierungsrat bewusst, dass dieser Entscheid die strategische Position der BKW verschlechtert hat?
?    Wie hoch beziffert der Regierungsrat den Opportunitätsverlust auf der Mehrheitsbeteiligung an der BKW, der dem Kanton aufgrund der strategischen Isolation der Gesellschaft zwischen den beiden Stromblöcken West und Ost erwachsen wird - einer Isolation, die sich letztlich aus dem erwähnten unternehmerischen Fehlentscheid des Verwaltungsrats ergibt?
?    Ist es sachlich und politisch richtig, dass Regierungsmitglieder dem Verwaltungsrat der BKW angehören?
?    Hat der Regierungsrat überhaupt eine Strategie, was er mit der 53 Prozent-Beteili-gung an der BKW will?

Wie gesagt, der Grosse Rat blockte eine Diskussion über Fragen ab, welche für die Zukunft der BKW FMB Energie AG von erheblicher Bedeutung sind. Das stimmt ebenso nachdenklich, wie eine Aussage des Regierungsrats in der Antwort auf die BKW-Interpellation des SP-Fraktionschefs. Sie betrachte es für die BKW als notwendig, schreibt die Regierung, «breit gefächerte Kooperationsvarianten zu untersuchen, um im liberalisierten Markt eine zukunftsfähige Position zu erreichen und auszubauen». Nach dem vom BKW-Verwaltungsrat erzwungenen Abbruch weit fortgeschrittener Kaufverhandlungen fällt es schwer, diese Aussage nicht als hohle, an Zynismus kaum mehr zu überbietende Floskel zu sehen.

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Nein zu Werbeverboten

Berner KMU lehnt die Aufnahme von Werbeverboten ins kantonale Gesetz über Handel und Gewerbe (HGG) entschieden ab und übt harsche Kritik am Vernehmlassungsverfahren für die Änderung dieses Erlasses.

Im Jahr 2003 hatte der Grosse Rat drei Motionen überwiesen, welche Werbeverbote für Tabakwaren und alkoholische Getränke verlangen. Diese Begehren will der Regierungsrat mit einer Änderung des HGG erfüllen, für die soeben das Vernehmlassungsverfahren abgeschlossen worden ist. Der Verband Berner KMU lehnt in seiner Stellungnahme Einschränkungen der Werbefreiheit entschieden ab, wie das seine Exponentinnen und Exponenten im Grossen Rat bereits bei der Beratung der erwähnten Vorstösse getan hatten.

Zahlreiche Untersuchungen belegten, dass sich mit Werbung kaum zusätzliche Abnehmerinnen und Abnehmer für eine bestimmte Kategorie von Produkten gewinnen liessen. Werbung spreche vorab Menschen an, welche die entsprechenden Produkte bereits konsumierten, hält Berner KMU fest. Werbung sei somit primär ein Instrument zur Hebung des Marktanteils eines Anbieters. Die Grösse des Markts für eine bestimmte Kategorie von Produkten vermöge sie höchstens geringfügig zu beeinflussen. Umso weniger liessen sich gefährliche oder ungesunde Verhaltensweisen mit Werbeverboten korrigieren - Werbeverboten im Übrigen, die auf Plakatstellen und öffentliche Anlässe im Kanton Bern beschränkt wären und zum Beispiel für Medien nicht gelten würden. Andererseits drohten Werbeverbote trotz ihrer Wirkungslosigkeit und beschränkten Durchsetzbarkeit just einer Vielzahl von Kultur- und Sportveranstaltungen die wirtschaftliche Basis zu entziehen.

Es droht ein willkürlicher Interventionismus

Eindringlich warnt Berner KMU sodann vor der Illusion, Werbeverbote liessen - einmal erlassen - sich auf Tabakwaren und alkoholische Getränke beschränken. Allein Abgrenzungsprobleme und Umgehungsmöglichkeiten würden Forderungen nach immer mehr Verboten auslösen. Hinzu kämen Begehren nach Werbeverboten für weitere, von vielen Menschen als gefährlich, ungesund oder schlicht und einfach unerwünscht empfundene Produkte - Autos, Motorräder, Süsswaren, Hamburger, Pharmazeutika, Fertiggemüse, Einwegartikel, Flugreisen usw.

Schliesslich erinnert Berner KMU daran, dass die Stimmberechtigten aller Kantone 1993 zwei eidgenössische Initiativen für Werbeverbote wuchtig abgelehnt haben - die Bernerinnen und Berner mit einem Mehr von 72 Prozent. An der Spitze des erfolgreichen bernischen Komitees «gegen unbrauchbare Werbeverbote» stand übrigens die damalige Nationalrätin Elisabeth Zölch.

Zumutung für Vernehmlassungspartnerinnen und -partner

Ebenso entschieden wendet sich Berner KMU gegen im selben Gesetzesentwurf enthaltene Verkaufsverbote. Harsche Kritik übt der Verband sodann am Vernehmlassungsverfahren. Artikel 9 der Verordnung über das Vernehmlassungs- und Mitberichtsverfahren lege fest, dass ein Vernehmlassungsverfahren grundsätzlich drei Monate daure. Im vorliegenden Fall habe die Volkswirtschaftsdirektion versucht, das Verfahren in eineinhalb Monaten durchzupeitschen, wobei mehr als die Hälfte der zugestandenen Frist in die Zeit der Schulferien gefallen sei. Ein solcher Umgang mit Vernehmlassungspartnerinnen und -partnern komme einer Zumutung gleich, rügt Berner KMU und fährt fort, weder für die Verkürzung der Vernehmlassungsfrist noch für die beschleunigte Beratung des Gesetzesentwurfs gebe es sachliche Gründe - für die Einführung von Werbeverboten schon gar nicht, nachdem der Regierungsrat entsprechende Begehren im Jahr 2003 noch abgelehnt habe.

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Hochwasser: KMU-Direktor verlangt Programm für Sanierung, Wiederaufbau und Prävention

Der Direktor von Berner KMU, Grossrat Christoph Erb, verlangt nach den Unwettern, die der Bevölkerung in grossen Teilen des Kantons immense Schäden bescherten, ein umfassendes Sanierungs-, Wiederaufbau- und Schadenpräventionsprogramm. Eine entsprechende Motion, für deren Beratung im Parlament er Dringlichkeit beantragt, reicht Erb noch in dieser Woche ein.

Der Vorstoss mit dem Titel «Hochwasser: Massnahmen planen und koordinieren» im Wortlaut: «Der Regierungsrat wird beauftragt, dem Grossen Rat im Rahmen der Verantwortung und der Zuständigkeit des Kantons ein umfassendes Sanierungs-, Wiederaufbau und Schadenpräventionsprogramm vorzulegen. Dabei ist aufzuzeigen,
a) welche grösseren Sanierungen und Investitionen in erster Priorität an die Hand genommen werden sollen,
b) welche Projekte, die in naher Zukunft hätten realisiert werden sollen, auf Grund der Neubeurteilung zurückgestellt werden müssen,
c) welcher zusätzliche Investitionsbedarf nötig ist und wie er finanziert werden soll.
Der Regierungsrat wird weiter beauftragt, aufzuzeigen, wie er mit Härtefällen ausserhalb des Zuständigkeitsbereichs des Kantons umzugehen gedenkt.

Es wird Dringlichkeit verlangt (Behandlung in der September-Session 2005).

Begründung
Der Kanton Bern ist durch die starken Niederschläge vom 20. August 2005 und den folgenden Tagen ausserordentlich stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Neben dem grossen Leid, das der direktbetroffenen Bevölkerung widerfahren ist, sind buchstäblich auf einen Schlag in mehreren Regionen gleichzeitig wichtige Infrastrukturen zerstört worden. Davon betroffen sind neben Transport- und Versorgungsunternehmen auch der Kanton Bern und zahlreiche seiner Gemeinden. Gleichzeitig haben die Unwetter drastisch vor Augen geführt, dass auch in Bezug auf präventive Massnahmen ein grosser Handlungsbedarf besteht, wollen wir nicht in Kauf nehmen, dass sich solche und ähnliche Ereignisse sehr rasch wiederholen.

Auf der anderen Seite sind bereits heute die Investitionsrahmen im allgemeinen Aufgaben- und Finanzplan des Kantons sowie im besonderen Strassenbauprogramm auf das absolut Notwendige ausgerichtet.

Ausserordentliche Ereignisse rufen nach ausserordentlichen Massnahmen. Neben einer Überprüfung der bestehenden Prioritäten können solche auch darin bestehen, ganz bewusst zusätzliche Mittel bereitzustellen. Allerdings darf dies nur auf der Basis einer sauberen Auslegeordnung und klarer Entscheidkriterien geschehen. Mit der vorliegenden Motion wird der Regierungsrat aufgefordert, diese Unterlagen zu liefern. Angesichts seiner beschränkten Möglichkeiten wird sich der Kanton Bern in erster Linie auf Projekte in seiner eigenen Zuständigkeit konzentrieren müssen. Darüber hinaus wird er sich möglicherweise auch ausserhalb seines eigenen Verantwortungsbereichs mit Härtefällen konfrontiert sehen, die rasches und unbürokratisches Handeln nötig machen. Mit dem zweiten Punkt der Motion wird der Regierungsrat eingeladen, den Spielraum aufzuzeigen, innerhalb dessen er sich flexible Entscheide vorbehalten möchte.

Die Dringlichkeit des Vorstosses und der vorgeschlagenen Massnahmen ist aus mehreren Gründen gegeben. Ein Teil der zerstörten Infrastrukturen muss im Interesse der Sicherheit und der Versorgung dringend repariert werden, andere liegen im wachsenden Schaden. Nicht nur die direkt betroffene Bevölkerung, sondern die ganze Öffentlichkeit erwarten rasch konkrete Massnahmen. Schliesslich besteht eine krisenähnliche Situation, in welcher Führung und Koordination noch wichtiger sind als unter normalen Umständen.»

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Den Bürgerlichen droht der Verlust der Mehrheit

Der Kanton Bern dürfte als Wirtschafts- und Wohnstandort in nächster Zukunft kaum attraktiver werden und sogar noch an Attraktivität verlieren. Zu dieser Befürchtung gelangt Berner KMU aufgrund einer groben Berechnung der Sitzverteilung im am 9. April 2006 neu zu wählenden Grossen Rat. Den bürgerlichen Parteien droht der Verlust der Mehrheit.

49 Sitze für die SVP, 47 für die SP, 26 für die FDP, 17 für die Grünen (GFL und GB), 8 für die EVP, 6 für die EDU, 2 für die CVP, 4 für die jurassischen Separatisten und 1 für die FPS. Diese Sitzverteilung ergibt sich für den am 9. April 2006 neu zu bestellenden Grossen Rat, wenn die von den Parteien bei den Nationalratswahlen von 2003 erzielten Wähleranteile auf die neu nur noch acht (bisher 27) Wahlkreise für das fortan nur noch 160 (bisher 200) Mitglieder zählende kantonale Parlament heruntergebrochen werden. Die Rechnung von Berner KMU ist insofern grob, als sie auf Prozentrechnungen statt auf dem gesetzlich vorgeschriebenen Berechnungsverfahren basiert und deshalb in Bezug auf die Zuteilung von Restmandaten ungenau ist. Letzteres ist sie im Übrigen auch, weil von den Parteien erst noch zu vereinbarende Listenverbindungen nicht einbezogen sind. Eine weitere Ungenauigkeit ergibt sich aus Verzerrungen der Parteienstärke in einzelnen Wahlkreisen, hervorgerufen durch die überdurchschnittlich hohe Popularität dort lebender Kandidatinnen und Kandidaten für den Nationalrat (Haller/Amstutz im Wahlkreis Thun, Stöckli im Wahlkreis Biel-Seeland, Schneider-Ammann im Wahlkreis Oberaargau usw.). Von solchen Verzerrungen sind jedoch praktisch alle Parteien betroffen. Entsprechend gering dürften ihre Auswirkungen auf das Gesamtergebnis der Sitzverteilung sein.

Aus der Sicht von Berner KMU verheisst die neue Sitzverteilung nichts Gutes. Der mit 20'000 Mitgliedern grösste Wirtschaftsverband befürchtet, der Kanton werde als Wirtschafts- und Wohnstandort weiter an Attraktivität verlieren. Zu diesem Schluss führt ihn der den bürgerlichen Parteien drohende Verlust der absoluten Mehrheit. Heute besetzen SVP (67) und FDP (36) 103 von 200 Sitzen. In Zukunft dürften es 75 von 160 sein. Und selbst dann, wenn die CVP (in den Wahlkreisen Bern und Mittelland) wiederum zwei Grossräte stellen darf, bleiben die traditionellen bürgerlichen Parteien um vier Mandate unter dem absoluten Mehr. Um dieses zu erreichen, dürften sie auf die Hilfe der im neuen Parlament voraussichtlich stärker vertretenen EDU an-gewiesen sein. Die EDU profitiert von den grösseren Wahlkreisen.